>> UPDATE: Urteil: Recht auf Vergessen gilt weltweit, auch für Firmen!

Google-schuldig

Das Google-Urteil für ein “Recht auf Vergessen”.

Nachdem Danny Sullivan mit Hilfe von Google Insidern die wichtigsten Informationen zur Umsetzung des Urteils gegen Google zusammengetragen hat, geben wir das hier gerne weiter. Das Wichtigste vorab: Die Entfernung findet in den EU-Versionen von Google statt, sowie auf den Länderversionen von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Falls bei der Suche nach einer Person ein Link entfernt werden musste, wird bei der Auflistung der Suchergebnisse ein entsprechender Vermerk angezeigt.

Google handhabt das wie bei bereits bisher nicht angezeigten Links und macht einen entsprechenden Vermerk. Hier ein Bild, wie das bisher gehandhabt wird:
Hinweis bei entfernten Links
Auf ChillingEffects.org werden nähere Informationen über die Gründe gegeben, warum ein Link aus einer Suchanfrage entfernt wurde. Politiker, Verbrecher und andere Personen, die ihren Namen nicht im Zusammenhang mit negativen Einträgen sehen wollten, haben schon vor der Entwicklung des neuen Formulars Anträge an Google gestellt. Die meisten bisher eingereichten Anfragen wurden jedoch abgelehnt.

So funktioniert das Formular

Beim Ausfüllen des neuen Formulars muss eines der 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union oder eines der ebenfalls unterstützen vier Nicht-EU-Länder gewählt werden (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz).

Dieses Formular ermöglicht es Einzelpersonen oder Vertretern von Einzelpersonen, ein Gesuch einzureichen. Mit dem Gesuch muss eine Kopie eines gültigen Lichtbildausweises der Person, für die dieses Gesuch eingereicht wird, mitgeliefert werden. Wenn also ein Dritter für jemand anderen ein Gesuch einreicht, muss trotzdem der Lichtbildausweis dieser Person als Beweismittel, dass die Drittpartei befugt ist, für diese zu handeln, vorgelegt werden.

Dieses Formular ermöglicht es dem Gesuchsteller, den Namen, unter dem die gefundenen Resultate entfernt werden sollten, anzugeben, allerdings nur gerade den Namen. Mit anderen Worten, wenn man sowohl als „Larry Page“ als auch als „Lawrence Page“ bekannt war, muss entschieden werden, welcher dieser beiden Namen auf dem Formular eingetragen werden soll, denn es können nicht zwei Namen eingetragen werden. Wir nehmen an, dass der Gesuchsteller das Gesuch erneut für weitere Namensvarianten einreichen kann.

Auf dem Formular können eine oder mehrere URLs angegeben werden, die nicht mehr bei den Suchresultaten von Google angezeigt werden sollen, und es muss eine Begründung gegeben werden, weshalb diese aus den Suchresultaten entfernt werden sollen. Insbesondere muss erläutert werden, weshalb jede einzelne URL „in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der verstrichenen Zeit, den Zwecken, für die sie verarbeitet worden ist, nicht entspricht, dafür nicht oder nicht mehr erheblich ist oder darüber hinausgeht.“ Die Formulierung lehnt sich an das Urteil darüber an, aus welchen Gründen Inhalte entfernt werden können.

Eingereichte Formulare werden in eine Warteschleife eingereiht. Hier ist die Übersetzung der Antwort, die von Google verschickt wird (der genaue Wortlaut liegt uns nur auf englisch vor):

      Hallo,

 

      vielen Dank, dass Sie sich mit uns in Verbindung setzen!

 

      Wir haben Ihren Antrag auf Entfernung aus den Suchergebnissen gemäss Europäischem Datenschutzrecht erhalten. Gegenwärtig sind wir am Aufbau unseres Systems zur Entfernung von Links aus unseren Suchresultaten, entsprechend dem Europäischen Datenschutzrecht. Die Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet. Sobald unser System eingerichtet ist, werden wir Ihren Antrag, sobald es uns möglich ist, bearbeiten.

 

      Mit freundlichen Grüssen,

 

    Das Google-Team

Wird alles entfernt werden?

Gemäss dem, was wir bisher über die Bearbeitung solcher Anfragen erfahren haben, werden bestimmt nicht alle Anträge gutgeheissen und alle unerwünschten Anträge aus den Suchresultaten entfernt. Aber bei vollständigen Anträgen mit einer vernünftigen Erläuterung, weshalb das Suchergebnis nach Ansicht der betreffenden Person nicht erheblich, veraltet oder unangemessen ist, besteht eine grosse Chance, dass die Inhalte entfernt werden.

Google hat gemäss Danny Sullivan bereits Tausende von Anträgen erhalten, sogar noch vor der Aufschaltung des Formulars. Eine Quelle sagt, dass den meisten davon sehr wahrscheinlich nicht stattgegeben wird, da die verbindlichen Kriterien, wie sie im Formular festgelegt sind, wie beispielsweise die Ausweiskopie, nicht erfüllt werden. Jedoch können diese Antragsteller ihre Anträge erneut gemäss dem jetzt vorgestellten Prozess einreichen.

Jedes Entfernungsgesuch wird einzeln geprüft. Im Falle einer Ablehnung werden die Antragsteller benachrichtigt, und es wird mitgeteilt, dass sie bei den Datenschutzstellen ihres eigenen Landes Einspruch erheben können.

Inhalte werden nur innerhalb der EU für EU-Versionen von Google entfernt

Google selbst teilt mit, dass eine URL nicht weltweit aus dem Google-Index entfernt wird. Wenn einem Entfernungsgesuch stattgegeben wird, wird die URL nur aus Suchanfragen zum entsprechenden Namen aus allen EU-spezifischen Versionen, die von Google betrieben werden, entfernt.

Wenn beispielsweise jemand aus Deutschland ein Gesuch stellt und dieses genehmigt wird, wird die URL aus Google Deutschland, dem Heimatland jener Person, entfernt. Die URL wird auch bei Google Frankreich, Google Italien, Google Spanien und bei anderen Versionen von Google aus individuellen EU-Ländern entfernt.

Eine URL wird allerdings nicht bei Google.com entfernt. Alle Besucher von google.com, egal ob sie aus den USA oder der EU stammen, werden die URLs immer noch zu sehen bekommen. Die Entfernung wird nur in den EU-Versionen (bzw. auf google.ch für die Schweiz) stattfinden.

Auch scheint es wahrscheinlich, dass Besucher von individuellen EU-Versionen, die von ausserhalb der EU kommen, die fraglichen URLs trotzdem zu sehen bekommen. Wenn man beispielsweise in den USA wohnt und Google Deutschland besucht, bekommt man im oben erwähnten Szenario die URL trotzdem zu sehen. Wir werden dies noch prüfen.

Entfernungen von Inhalten werden offengelegt

Wenn Google gegenwärtig die Suchresultate zensiert, wird am unteren Ende der Suchresultate ein kleiner Vermerk angezeigt (s. Bild oben). Google teilt mit, dass ein ähnlicher Vermerk gezeigt werden wird, wenn URLs gemäss dem Recht auf Vergessen entfernt werden. Mit anderen Worten, die URL selbst wird vergessen, die Tatsache jedoch, dass Google zum Vergessen veranlasst wurde, wird erinnert werden.

Um dies klarzustellen: Wenn jemand einen Antrag auf Entfernung einer URL aus den Suchresultaten aufgrund seines Namens stellt und diesem Gesuch stattgegeben wird, wird die URL verschwinden – aber jeder, der ans untere Ende der Suchresultate scrollt, wird bemerken, dass jemand eine Entfernung beantragt hat und diese gutgeheissen wurde.

Es ist auch wahrscheinlich, dass Google einen Link auf ChillingEffects.org schalten wird, wie das bei vielen anderen Arten von Zensuranfragen der Fall ist, wo die Besucher mehr darüber herausfinden können, was entfernt worden ist. Namen werden keine offengelegt, diese können jedoch aufgrund der Suche abgeleitet werden. Die entfernten URLs werden wahrscheinlich nicht mitgeteilt, es ist jedoch möglich, dass es eine Art von allgemeiner Erklärung geben wird, was entfernt worden ist, vielleicht auch, weshalb etwas entfernt worden ist.

Es wird interessant sein zu sehen, wie dies praktisch umgesetzt werden wird. Jemand, der beispielsweise eine URL aufgrund einer Verurteilung wegen Kinderpornographie entfernen liess, könnte feststellen, dass auf dem Vermerk zur Offenlegung der Entfernung des Suchresultats etwas Ähnliches stehen wird, wie beispielsweise, dass die Entfernung mit einer gerichtlichen Verurteilung verbunden ist. Wahrscheinlich wird nicht festzustellen sein, worum es genau bei der Verurteilung ging, und ebenso wird es wahrscheinlich nicht sehr leicht sein, Einzelheiten dazu zu finden (ausser man geht auf eine andere Google Version), aber man wird wissen, dass irgendetwas vorgefallen ist. Das “Recht auf Vergessen” wird sehr wahrscheinlich zum Recht auf “Verschwommene Erinnerung”.

Googles Formular besagt auch, dass möglicherweise die Webmaster, deren Inhalte aufgrund der Beschwerde aus den Suchergebnissen entfernt werden, kontaktiert werden. Zudem kann es sein, dass unter Umständen die zugehörigen Informationen den zuständigen Datenschutzbehörden weitergeleitet werden.

Welche Art von Inhalten werden entfernt?

Schon bald nach dem Gerichtsurteil begannen Personen, Anträge auf Entfernung von Suchresultaten bei Google einzureichen. Einige dieser Anträge wurden bald bekannt: Ein Politiker, dessen Verhalten beanstandet wurde, eine Firma mit schlechten Kritiken, jemand der aufgrund von Kinderpornographie verurteilt wurde.

Bereits bisher strömten die Anträge bei Google herein. Google selbst hat der Financial Times einige Statistiken als Teil eines langen Interviews mit dem Google CEO Larry Page über die Umsetzung des Urteils durch Google zur Verfügung gestellt.

Bei den Gesuchen um Entfernung von Inhalten von Google UK und Google Irland besteht der Hauptgrund der Gesuche in Inhalten über eingestellte Fälle wegen Betrug, gefolgt von URLs zu Verhaftungen wegen Gewalttaten oder schwerer Verbrechen, gefolgt von Verhaftungen wegen Kinderpornographie.

  • 31 %: Entfernungsgesuche wegen Betrug
  • 20 %: Entfernungsgesuche wegen Gewalttaten oder schwerer Verbrechen
  • 12 %: Entfernungsgesuche wegen Kinderpornographie

Diese Statistiken zeigen ein ziemlich gutes Bild davon, was wahrscheinlich auf Google zukommen wird, obwohl jetzt mit der Verfügbarkeit des Formulars vielleicht vermehrt auch bei banaleren Dingen wie bei peinlichen Bildern oder Blog Posts öfters um Entfernung nachgesucht werden wird.

Ebenfalls interessant sind die Länder, in denen Entfernungsgesuche gestellt werden. Deutschland liegt bei weitem an der Spitzenposition. Man könnte denken, der Grund sei darin zu sehen, dass Deutschland die grösste Bevölkerungszahl innerhalb der EU hat. Aber Frankreich mit einer beinahe ebenso grossen Bevölkerungszahl wie Deutschland hat nur einen Bruchteil der Entfernungsgesuche:

  • 40 %: Deutschland (das bevölkerungsreichste Land der EU, 80 Millionen Menschen)
  • 14 %: Spanien
  • 13 %: Das Vereinte Königreich
  • 3 %: Italien
  • 2 %: Frankreich (das EU-Land mit der zweitgrössten Bevölkerungszahl, 67 Millionen Menschen)

Entscheide – Der Beratende Ausschuss

Wie bereits gesagt, werden die Gesuche individuell behandelt, und es scheint, dass Anträgen mit entsprechender Begründung, insbesondere von Privatpersonen, stattgegeben werden wird. Hier ist Googles offizielle Stellungnahme in dieser Angelegenheit:

      Zur Umsetzung des kürzlich erlassenen Urteils des europäischen Gerichtshofes haben wir für europäische Bürger ein Internet-Formular geschaffen, um einen Antrag auf Entfernung von Suchresultaten unserer Suchmaschine zu stellen. Das Gerichtsurteil verlangt von Google eine schwierige Beurteilung über das Recht eines Individuums auf Vergessen und das öffentliche Interesse zu wissen. Wir setzen deshalb einen

Beratenden Experten-Ausschuss

    zur eingehenden Prüfung dieser Angelegenheit ein. Wir werden auch mit den Datenschutzbehörden und anderen Stellen zur Umsetzung dieses Urteils zusammenarbeiten.

Der oben fett hervorgehobene von Google einzusetzende Ausschuss, der den Prozess prüfen wird, setzt sich gemäss Google folgendermassen zusammen:

  • Eric Schmidt, Executive Chairman von Google
  • David Drummond, Googles oberster Rechtsberater
  • Frank La Rue, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung
  • Peggy Valcke, Vorsteherin der juristischen Fakultät der Universität Leuven
  • Jose Luis Piñar, der frühere Leiter der spanischen Datenschutzbehörde
  • Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia
  • Luciano Floridi, ein italienischer Philosoph, der massgebliche Beiträge zur Informationsethik geleistet hat. Er hat seit 2008 den UNESCO-Lehrstuhl für Information und Computerethik der University of Hertfordshire inne.

Es ist wichtig festzuhalten, dass Entfernungen von Inhalten auch vorgenommen werden, bevor dieses Beratungsgremium irgendwelche Entscheidungen trifft. Der Entscheidungsprozess wird nicht erst dann in Gang gesetzt, wenn der Ausschuss Zusammentritt und Kriterien darüber festgelegt, welche Art von Inhalten entfernt werden können.

Der Ausschuss wird den Prozess prüfen, wenn er bereits im Gang ist. Wir vermuten, dass er die Befugnis hat, den Prozess zu ändern oder besser festzulegen, nachdem bereits viele Gesuche verarbeitet worden sind. Es ist bis jetzt nicht klar, ob allfällige Änderungen des Prozesses dazu führen können, dass Inhalte, die zuvor entfernt wurden, wieder in Googles Suchresultaten erscheinen; dies erscheint allerdings unwahrscheinlich zu sein.

Was ist mit Bing und Yahoo?

Zur Anfrage, wie das Urteil bei Bing umgesetzt werden soll, schweigt Bing vorerst. Der Guardian berichtet, dass Yahoo die Situation „aufmerksam beobachtet“. Beide Suchmaschinen sind in der EU genügend präsent, um das Urteil umsetzen zu müssen. Weil der Marktanteil von Google in der EU aber so hoch ist (bei den meisten Ländern über 90 %), stellen diejenigen, die vergessen werden wollen, bei Bing oder Yahoo jedoch wahrscheinlich nicht einmal einen Antrag auf Entfernung, da diese beiden so selten verwendet werden.

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30.05.2014

3 responses to “Google-Urteil: “Recht auf Vergessen“-Formular: So funktioniert es”

  1. Der Hinweise am Ende der Seite lautet:
    „Einige Ergebnisse wurden möglicherweise aufgrund der Bestimmungen des europäischen Datenschutzgesetzes entfernt“,

  2. Der Hinweise am Ende der Seite lautet:
    „Einige Ergebnisse wurden möglicherweise aufgrund der Bestimmungen des europäischen Datenschutzgesetzes entfernt“,

  3. Der Hinweise am Ende der Seite lautet:
    „Einige Ergebnisse wurden möglicherweise aufgrund der Bestimmungen des europäischen Datenschutzgesetzes entfernt“,